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Wettbewerb Sommersemester 2005

kreative Pausenecke

Multifunktionaler Raumteiler
Volksschule Hintersee, zweiklassig
22 SchülerInnen, 1.+4., 2.+3. Schulstufe

Lehrerinnen: Regina Taxacher, Angela Aschauer
Architektin: Ingrid Grubauer
Tischler: Michael Meyer


1. Projektbeschreibung

Ziele

Erfahrungen mit Grundelementen von Raum und Raumqualitäten vermitteln
Einbinden dieser Erfahrungen in einem Kontext, welcher der kindlichen Erfahrungswelt entspringt und deshalb für sie erlebbar und nachvollziehbar wird.
Anschauliches Verbinden von Reflexionen über Raumbedürfnisse mit einem praktisch-handwerklichen Gestaltungsprozess.
Wesentlich dabei ist, dass die Kinder das Gestalten von Raum jenseits gängiger Klischees von „Hausbauen“ wahrnehmen.
Die Kinder sollten angeregt werden, Qualitäten von Räumen bewusster wahrzunehmen und aus diesen Erfahrungen heraus selbst zu gestalten. Als praktisches Ergebnis sollte nach einem Hinführungsprozess mit gestalterischer und handwerklicher Beteiligung aller Kinder und mit Unterstützung eines Tischlers ein Raumteiler gebaut werden.
Mit diesem Raumteiler sollen die Kinder ihren Wunsch nach einer Rückzugsmöglichkeit, Lese- und Spielecke nach ihren Vorstellungen verwirklichen und modifizieren können (als Kiosk, Kasperltheater, Bühne usw.)

Verlauf

Projektwoche, 5 Tage
Je Klasse täglich 2 Unterrichtseinheiten

1.Tag
Situationen des Wohnens
1. Wie wohnen Tiere?
Wohnsituationen von Tieren: Nest, Höhle, Bau, Bienenwaben.
Hinweise auf Beispiele früher menschlicher Wohnformen.

2. Bauen im Wald: Schutz für Tiere
Für Bauernhof-Tiere, welche die Kinder bei einem vorhergehenden Projekt aus Papiermaché geformt hatten, bauen sie in der Natur Unterstände oder Ställe.

2. Tag
1.Wie haben die Menschen früher gewohnt?
Hinweise auf Urformen des Bauens: Höhlen, Windschutz, Zelte, Erdhütte, Wandhaus mit Dach.
2. Nachbauen von Formen mit Bambusstäben und Tüchern. Simulieren architektonischer Grundbegriffe. Nachempfinden des Raumerlebens
3. Was hättet ihr gern in eurer Klasse? Wir bauen ein Modell
Aus gleich groß geschnittenen Kartonteilen entstehen Modelle, die im Innenraum, im Freien, als Lesecke usw. dienen können.

3.und 4. Tag
Jetzt bauen wir etwas für unsere Klasse
Mit Bezug auf die vorher gemachten Erfahrungen stellt der Tischler an der Tafel skizzenhaft die Herstellung eines fünfteiligen flexiblen Raumteilers vor. Der Arbeitsablauf von der Idee über die Planung zum fertigen Stück wird den Kindern erklärt. Unter der Anleitung des Tischlers stellen die Kinder die Elemente her.

5. Tag
Mit den entstandenen fünf Elementen – zwei Türelemente und drei Fensterelemente – werden zuerst einfache Räume gebildet. Dabei wird Statik erlebbar. Ein Dach wird konstruiert. Die Verwendung von Tüchern eröffnet neue Erlebnisdimensionen. Verschiedene Nutzungsmöglichkeiten werden erprobt.




Resümees der ProjektleiterInnen

Wir gingen der Frage noch: Wie können wir unseren Klassenraum kreativ so gestalten, dass die SchülerInnen in der Pause einen flexiblen Rückzugsraum, im Unterricht eine Lese-, Spiel- und Arbeitsecke und bei Theateraufführungen ein Bühnenbild zur Verfügung hätten. Uns schwebte ein multifunktionaler Raumteiler vor. Dieser ist es auch geworden, aber mit Hilfe und Einsatz der Kinder noch viel imposanter, als wir uns das vorgestellt hatten.
Die erstaunlichen Resultate waren nach dem Bauen aber noch lange nicht fertig. Mit farbigen Tüchern und durch verschiedene Aufstellmöglichkeiten verändert sich das Entstandene unaufhörlich – bis heute! Jede Pause spielen die SchülerInnen mit dem Raumteiler. Die Dachkonstruktionen werden laufend durch die Bambusstäbe und durch Stoffe verändert. Wer hinein darf, wird genau geregelt: Viele soziale Prozesse finden statt. (Regina Taxacher)

Ein Projekt zum Thema Raumerleben mit so kleinen Kindern durchzuführen war eine große Herausforderung. Die Themen und Aufgaben durften nicht in der Theorie bleiben, sondern mussten dem kindlichen Umfeld, Maßstab und Erfahrungsschatz entsprechen. Wir haben unsererseits bewusst vermieden, von „Haus bauen" zu sprechen, mussten aber feststellen, dass genau diese Vorstellung schon ganz fest in ihnen verankert ist.
Immer wieder mussten wir sie zurückführen in einen Maßstab, der ihrer eigenen Größe entspricht, aber sie brauchten dafür einen realen Bezug. Der war am Anfang durch die Tiere gegeben, für die sie Behausungen bauten, dann durch die Tafeln, aus denen der Raumteiler bestand. Aber erst als sie sich selbst neben und in diesen Elementen erleben konnten, kam auch ihre Fantasie in Bewegung. Das hat bestätigt, dass die Kinder alles ganz praktisch erleben und auch mit Ihren Gemüt durchdringen können müssen. Ihre Begeisterung, ihr Eifer und Durchhaltevermögen waren beeindruckend, ebenso ihre spontanen Ideen: So formten sie z. B. aus den vorstehenden Stecken der Dachkonstruktion ein Vordach, statt sie abzuschneiden, weil das doch gemütlich ist und man eine Bank hinstellen könnte.
All dies zeigt, dass sie aufmerksamer geworden sind auf räumliche Eindrücke; damit wäre ein Ziel unseres Projektes erreicht. (Ingrid Grubauer)

Auch wenn Volkschulkinder in einer anderen Entwicklungsphase des Lernens und Umsetzen von Gelerntem als größere Kinder sind, hat sich bald erwiesen, dass die gewünschte Inhaltsvermittlung nur durch das praktische Tun „ergriffen" und „begriffen" werden konnte.
Nach der Fülle von Erlebnissen, Tätigkeiten und Gehörtem, war am letzten Tag bei den Kindern spürbar, dass sie Raumsituationen bewusster wahrnahmen. Auch die Jüngsten, die SchülerInnen der ersten und zweiten Schulstufe, konnten die oft gar nicht einfachen Anforderungen an Aufnahmevermögen, Konzentration und Durchführung der Arbeit weitgehend erfüllen.
Zeitliche Dimensionierung und Ablauf des Projekts waren gut gewählt. Durch die geblockte Arbeit ist der Prozess im Fluss geblieben, und die Kinder konnten sich so mit dem Thema gut verbinden. (Michael Meyer)


2. Transfer

Der auf die kindliche Erfahrungswelt bezogene Ansatz zur Raumerfahrung eignet sich nicht nur für die Volksschule, sondern auch für die 1. und 2. Klasse Hauptschule und Gymnasium.




3. Module für die Unterrichtsplanung

1. Wie die Tiere wohnen
a)
Wie der Schuster gelernt hat, gute Schuhe zu machen, der Schneider gute Kleidung, der Tischler gute Möbel, hat der Architekt gelernt, Räume zu machen, die zu den Menschen passen und zu dem, was in ihnen passieren soll. (Beispiele: Stall, Kirche, Turnsaal, Hallenbad, Schule usw.)
Räume gibt es drinnen und draußen: Täler, Berge, Garten, am Bach, im Wald.
Wir haben unsere Haut, unsere zweite Haut, die Kleidung, unsere dritte Haut, die Räume zum Schutz, zum Wohlfühlen.

b). Besprechen der Wohnsituation von Tieren: Nester, Höhlen, Bau, Bienenwaben
z.B. Was macht der Vogel? Ein Nest aus Zweigen, Gras, Wolle, Federn wie eine offene Schale (Eigenschaftswörter für Nest suchen).- Andere bevorzugen Höhle (geschlossen, dunkel, warm).
Hinweise auf ganz frühe menschliche Wohnformen: Windschutz, Laubhütten.
Zum Bauen wurden Materialen verwendet, die vor Ort zu finden sind

c). Die Kinder bauen Schutz / Unterstände / Ställe / Wohnungen für Tiere
(Mögliche Vorbereitung: große Tiere aus Papiermachée formen)
In der Natur (Wald, am Bach) entstehen (durch Flechten, Stecken, Stapeln, Schlichten)
Zwei- oder dreidimensionale Gebilde wie Steinwälle, Flechtwerke, Laubhütten.
Gruppenaktivitäten: Grund anstecken, Material sammeln, natürliche Gegebenheiten (Wurzeln, Stämme, Mulden, Hügel, Sträucher, Baumgruppen) einbeziehen. Stabilität erzielen

Material: Naturmaterialien wie z.B. Steine, Zweige, Äste, Moos, Gras, Blätter

2. Grundbedürfnisse des Wohnens
a.Wie die Menschen wohn(t)en

Höhle, Nest und Wabe werden von einer Kindergruppe mit ihren Körpern nachgebildet. Ein Kind versetzt sich in die rolle eines Tierjungen, das darin aufwächst.
Wie ist es, wenn man kein Dach über dem Kopf hat, oder ein hohes oder ein tief liegendes?

b). Geschichtliche Entwicklung und Grundbedürfnisse des Wohnens besprechen:
Schutz vor Witterung, Gefahren.
Bilder einfacher ursprünglicher Behausungsformen zeigen, die einen Bezug zur Gegenwart herstellen: Felsvorsprung, Höhle, Flechtwerke als Wetterschutz (Wind, Sonne, Regen), Hütte, Jurte, Zelt, Iglu.
Von der runden zur eckigen Form.

c). Übungen im Turnsaal:
Bambusstäbe als stabile Basis und Tücher zum Simulieren architektonischer Grundbegriffe:
geschlossen - offen
innen - außen
Dach – Vordach
3 Bambusstangen sind die stabile Basis für ein Zelt.
Ein Tuch um die Stangen lässt Innenraum erfahrbar werden.
Die Kinder stellen sich in zwei Reihen gegenüber auf und bilden mit den Bambusstäben durch Heben und Senken des Firstes verschiedenen Dachformen. Die Kinder kauern sich unter den First und können so beengten und weiten Raum empfinden.
Material: Bambusstäbe, ca. 200cm lang, Tücher, Schnüre

3. Modell bauen
Freie Versuche, im Modell etwas für die eigene Klasse zu bauen, das auch draußen aufgestellt werden kann. Möglicher Zweck: Lese-, Kuschel-, Spielecke
Zu abstrakte Inhalte sind für jüngere Kinder nicht nachvollziehbar, deshalb sind konkrete Bezüge wichtig.
Die Kartonelemente können stehend, liegend aneinander geklebt, durchstochen, beschnitten und mit Dachkonstruktionen versehen werden.
Abschließend Vorstellrunde / Besprechung der Ideen

Material: Wellpappe, ca. 12 x 15 cm, je Kind mindestens 5 Stück, Kleberband, Klebstoff, Rundstäbe, Schere, Stanleymesser

4. Raumteiler bauen
Einbeziehung der Kinder in den kompletten Arbeitsprozess der Herstellung und Erprobung. Erarbeitung einfacher Techniken der Holzverarbeitung
Arbeitsbesprechung mit allen Kindern als Vorbereitung zur Herstellung des Raumteilers.
Tafelskizze mit Arbeitsschritten.
Folgende handwerkliche Kenntnis und Grundbegriffe der Holzbearbeitung werden vermittelt:
Handhabung von Raspel und Feile
Bestimmung und Verwendung verschiedener Körnungen von Schleifpapier
Einsatz von Werkzeugen (Schraubzwingen, Winkel, Zangen) und Holzbearbeitungsmaschinen (Bohrmaschine, Stichsäge, Handbandschleifmaschine, Oberfräse)
Holzteile werden angezeichnet, Bestimmung der einzelnen Teile erklärt, Arbeitsschritte werden besprochen.
Übertragen der Kurven, Zuschneiden mit der Stichsäge
Kinder runden und schleifen die Kanten mit Raspel, Feile und Schleifpapier, helfen beim Anzeichnen, Festhalten und Bohren.
Gegenseitige Hilfestellung uns Abwechslung in kleinen Arbeitsgruppen.
Anspruchsvollere Arbeitsschritte werden von älteren Kindern unter Anleitung ausgeführt.

Material:
Elemente aus Einschichtplatten, rechtwinklig geschnitten, Kanten gehobelt:
3 Stück 1.8 x 72 x 120 cm (Fensterelemente)
2 Stück 1.8 x 26 x 120 cm (Türelemente)
5 Stück 1.8 x 30 x 120 cm (Bögen)
10 Stück 2.4 x 12 x 190 cm (seitlicher Rahmen)
10 Einbohrbänder
10 Sturmhakenösen
5 Gewindeschrauben M6 mit Muttern
Torxschrauben
Bohrmaschine, Akkuschrauber, Stichsäge, Hämmer, Raspeln Feilen, Zwingen, Winkel, Schraubenzieher, Schleifpapier Körnung 80, 120, 180

5. Räume bilden und verändern
Mit den 5 Elementen (2 Türen-, 3 Fensterelemente) werden zunächst einfache Räume gebildet:
Zwei verbundene Elemente, im Winkel aufgestellt, stehen selbstständig (Statik erproben).
Fügt man weitere dazu, dann entsteht ein dreieckiger, viereckiger, schließlich ein fünfeckiger Raum.
In die Öffnungen werden Tücher gehängt: Erfahrung Geborgenheit, Abgetrenntsein von Draußen, Unterschied innen außen)
Dach aus Bambusstäben, die in die Bohrungen an der Oberkante geschoben werden können. Zusätzliche Erlebnisdimension.
Nutzung als Verkaufs-, Puppen- und richtige Bühne und für andere Spielsituationen, als Lese- oder Rückzugsecke in der Klasse oder draußen.

ziele+konzeptewettbewerbprojektekontakt teamsponsoren • 2006 •

Die Wohnbedürnisse erkunden

Konstruktionen nachstellen

der Natur auf die Finger schauen

Modelle bauen

Ausführung des Raumteilers

das fertige Projekt und seine Verwendung